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Fische sind doof
Im allgemeinen hängen wir an Fischen, ohne so recht zu wissen, warum überhaupt.
Manchmal ist es auch umgekehrt und die Fische hängen an uns bzw. unseren Angelschnüren, aber generell läßt sich sagen, daß der Mensch Fische wirklich mag, und das unabhängig von ihrer Zubereitung.
Und meiner Meinung nach liegt dies an der Tatsache, daß die Fische uns erst zu dem verholfen haben, was wir sind.
Ich meine, es ist doch leicht ersichtlich, daß erst die Entscheidung der Fische, an Land zu gehen, die Grundlage für die moderne menschliche Zivilisation gelegt hat.
Na ja, wo wären wir denn heute ohne Computer, denken Sie mal drüber nach, wenn Sie ihre E-Mail abfragen oder durch die Pornoseiten im Internet surfen. Haben Sie sich jemals vorgestellt, wie Ihr Computer unter Wasser funktionieren könnte?
Nicht einfach, was?
Allein die Herausforderung, ein wasserdichtes Diskettenlaufwerk zu konstruieren, hat alle vor ein ernsthaftes Problem gestellt.
Wir sollten den Fischen also dankbar sein, daß sie damals die Entscheidung getroffen haben, es wäre vielleicht nicht verkehrt, es mal mit Lungen statt Kiemen auszuprobieren, könnte ja ganz interessant sein und mal ein wenig Abwechslung in das Leben eines prähistorischen Fisches bringen.
Die Grundlage unserer trockenen Welt war also gelegt, und wir mußten uns nur noch darin zurechtfinden.
Dies wiederum gelang uns sehr gut, und schließlich gelangten wir in ein Zeitalter, in dem sich die Aquarien-Technologie zur Perfektion entwickelte, denn letztendlich hatten wir unsere Ursprünge doch noch nicht komplett vergessen.
Das Aquarianertum erblühte also zu neuem, lang vergessenem Leben, neue Arten wurden gezüchtet, und alles, was blieb, war die permanente Unsicherheit, daß ein Mensch beim Hineinblicken in ein Aquarium nie mit absoluter Sicherheit zu sagen vermochte, wer denn nun eigentlich wen anschaute: Der Mensch den Fisch - oder der Fisch den Menschen.
Diese Krise hätte fast zum Aussterben der Fische geführt, die vorsätzlichen Einleitungen chemischer Abfälle in die Flüsse und Gewässer dieser Welt einmal ausgenommen.
Es hatte also etwas zu geschehen, schnell, und wie so oft brachte der überragende Intellekt des Menschen, der - einfach so - über die Natur zu herrschen vermochte, die Rettung.
Man entschied sich dazu, Fische Fische sein zu lasssen, und sich nicht weiter mit ihnen zu befassen.
Das Schicksal der Menschheit hatte sich inzwischen eh als unabhängig von allen äußeren Einflüssen erwiesen, warum also sollte man sich mehr als notwendig auf ein Lebewesen konzentrieren, das offenbar nicht einmal in der Lage war, seine eigenen Probleme zu lösen, kurz: der Fisch hatte bitteschön für sich selbst zu sorgen, schließlich nahm er von sich in Anspruch, der erste gewesen zu sein, der die neuen, trockenen Ufer der Evolution beschritten hatte.
Sollte er sich also auch anstrengen.
Nun, ich glaube, wir können in gemeinsamem Einvernehmen feststellen, daß dieser Plan voll in die Hose gegangen ist.
Die Fische strecken uns weiter ihre blassen, aufgequollenen Bäuche entgegen und klagen uns an für etwas, an dem wir nun beim besten Willen keine Schuld tragen, wir haben ja versucht, Aquarien für sie zu errichten und ihnen die beste Versorgung angedeihen zu lassen, die sie draußen niemals finden werden, garantierte Sauerstoffmindestversorgung, computergesteuert, und sorgfältig ausgewählte Artenkombinationen, japanische Kampffische, passen Sie bloß auf, wen Sie mit wem zusammensetzen, und Zebrafische, Danio rerio, der Dackel unter den Zierfischen, die Stubenfiege unter den Haustieren, geduldet bestenfalls, Füllmaterial für unerfüllte Aquarianerseelen, und letzten Endes liegt doch jede unserer Seelen irgenwo da unten, in einem alten, kalten Aquarium, untergegangen und auf Rettung hoffend.
Macht euch die Erde untertan, war irgendwann einmal vom Wasser die Rede, von der Erde unter Wasser???
Pardon, ich schweife ab.
Der einzige Fisch, der nicht doof ist, ist der Anglerfisch.
Bizarre unterseeische Lebewesen, fähig einen Druck zu ertragen, der unsereinen ungeschützt zu Pfannkuchen zerquetschen würde, ehrlich, aber sie sind da unten ja schließlich auch aufgewachsen, und im Grunde ist die Biologie sehr anpassungsfähig, wenn man sie nur läßt.
Komisch aufklappende Kiefer, Körperformen, daß man glauben müßte, jederzeit könnte ein Teil abfallen, leuchtende Tentakel, eine Super-Lightshow, und dann halt dieses Würmchen zwischen den Augen.
Ja, der Anglerfisch hat seinen Namen nicht umsonst, er angelt nämlich.
Das leuchtende Würmchen ist ein Köder, ergonomsich plaziert über der Freßluke des kleinen Monsters, und sobald ein anderer Fisch daherkommt, einer von den doofen, will dieser auch sofort nach dem auffälligen Leckerbissen schnappen und wird stattdessen selbst geschnappt.
Und der Anglerfisch muß nur noch schlucken und in sich hineinlächeln und auf das nächste Opfer warten.
Die wahrhaft intelligente Tat des Anglerfisches jedoch war es, als er sah, daß der Rest der Familie gerade dabei war, die Koffer zu packen und an Land zu ziehen, sich nur kurz mit dem leuchtenden Würmchen an die Stirn zu tippen, sich zu sagen "Ich bin doch nicht doof", und kurzerhand auf der Flosse kehrtzumachen und die entgegengesetzte Richtung einzuschlagen, abwärts, noch tiefer in die tiefsten Tiefen der Ozeane hinein.
Und da lebt er heute noch und ist vermutlich glücklich.
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